Politik

Der Fall der Müngstener Brücke

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich gestern Morgen von der kurzfristingen Sanierungssperrung der Müngstener Brücke nicht sehr überrascht war. Sind wir es nicht gewohnt von der DB mit vollendeten Tatsachen abgespeist zu werden? Als Pessimist erwarte ich seit Jahren, dass man die komplette Strecke für immer stilllegt, da irgend ein Bahn-Ökonom entscheidet, dass sie sich nicht mehr rechnet.

Rostende Teile der Müngstener BrückeRostende Teile der Müngstener Brücke

Was mich aber aus der Fassung bringt ist die Tatsache, dass unsere Politiker, oder zumindest ein Teil davon, die katastrophale Kommunikationspolitik der Bahn noch verteidigt. Hallo Herr Jürgen Hardt (CDU), das Volk ist der Souverän. Ich habe den Eindruck, dass die Regierigen das Volk nur noch als lästiges Übel betrachtet. Zitat aus einem ST-Artikel von heute:

Jürgen Hardt (CDU), Bundestagsabgeordneter für das Bergische Land, ist da zuversichtlich. „Die Sperrung ist ein notwendiges Übel, aber sie bedeutet keinen gravierenden Einschnitt für die Pendler“ - die Arbeit sei auf zwei Wochen begrenzt. Man habe ihm „plausibel erklärt, dass die Maßnahme unerlässlich für die Sicherheit ist“ und jetzt erfolge, um Frostperioden zu entgehen.

Eine „katastrophale Informationspolitik“ lässt Hardt nicht gelten. Es habe im Vorfeld Gespräche zur Brücke und schriftliche Informationen zum ICE-Verkehr gegeben. Nachdem sich die Zuständigen der Bahn am Donnerstag zusammengesetzt hätten, habe er noch gegen 21.30 Uhr eine SMS erhalten, gestern Morgen sei telefoniert worden. Die Bahn habe auch versucht, die Vertreter der Städte Solingen und Remscheid zu informieren.

„Mir wurde zugesichert, dass die Lager instandgesetzt und die Brücke frisch lackiert wird.“ Letzteres erfolge segmentweise innerhalb von zehn Jahren. Hardts Fazit: „Die Brücke ist für die Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar. Das hat die Bahn erkannt, nachdem sie sie jahrelang vernachlässigt hat.“

Super, da informiert die Bahn unseren Bundestagsabgeordneten per SMS und für ihn ist damit das Thema vom Tisch. Interessiert es jemanden, wenn er die Brücke für unverzichtbar hält?

Warum lassen wir als Eigentümer – schon vergessen, die Bahn ist ein Staatsunternehmen – es eigentlich zu, dass die von uns bezahlten Bahnmitarbeiter so einen Schrott abliefern und dann noch von unseren gewählten Volksvertretern in Schutz genommen werden? Letzteres kann man bei der nächsten Bundestagswahl ändern, sofern da nicht ein Listenplatz als Rettungsanker fungiert.

BrückenhakenBrückenhaken

Wenn der Nebel sich lichtet

"Wupperheih": Morgennebel"Wupperheih": Morgennebel

Politiker sind schon ein bemerkenswertes Völkchen. Wie räumen sie ihr Haus auf? Genau, der Dreck im Garten wird einfach über den Zaun zum Nachbarn entsorgt. Ein Beispiel:

Gestern hat der Verfassungsgerichtshof in Münster das sogenannte Kita-Urteil gefällt. Demnach muss das Land NRW die Kosten für den Ausbau der U3-Betreuung zahlen und nicht die Kreise oder Städte.

Seit diesem Urteil geistert der Spruch „Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen!“ durch die Medien. Schön, bei mir vor der Haustüre zog vor einem Jahr die Kanalisation ein. Ich kann mich nicht daran erinnern, diese bestellt zu haben, die Rechnung präsentierte die Stadt Solingen ungefragt.

In Solingen frohlockt man schon: Solingen: Nach Kita-Urteil hofft die Stadt auf Geld (RP ONLINE, 13.10.2010)

Bemerkenswert auch die Reaktion aus der Bevölkerung dazu. Es würde Zeit, dass der Staat die Kinder-Erziehung besser honoriere. So langsam verstehe ich auch, warum es bei uns Personal- und nicht Identitätsausweis heißt.

Politik vor der Haustüre, am Wegesrand

Fand ich gestern innerhalb von ein paar Meter …

Windkraft: nein DankeWindkraft: nein Danke

Finger weg vom StadionFinger weg vom Stadion

Und wer brüllte/plakatierte hier?

Gräfrather BahnhofGräfrather Bahnhof

Es muss legitim sein, Gegner gezielt zu töten

Da schlage ich die Tageszeitung auf und mir bleibt fast der Bissen im Halse stecken:

Solinger Tageblatt: S.23, Samstag, 6. Februar 2010Solinger Tageblatt: S.23, Samstag, 6. Februar 2010

Meine erste Frage: Legitimiert da jemand Mord?

In dem Artikel zieht "unser Mann in Berlin", Jürgen Hardt (CDU) seine 100-Tage-Bilanz als Bundestagsabgeordneter. Zuvor dachte ich, das Verfahren um die Platzumbenennung könne man nicht so leicht toppen, aber was Herr Hardt hier von sich gibt, gibt einen bemerkenswerten Einblick in seine Denkweise. Das Interview führte Thomas Kraft vom Solinger Tageblatt.

Die Realität hat ihn schnell eingeholt. Aha, Wuppertal war keine Realität?

„Man findet unheimlich viele offene Baustellen vor. Es liegt deutlich mehr im Argen, als ich gedacht habe. “Da sei zum Beispiel das Gesundheitssystem, in dem die rot-grünen Reformversuche nichts als „Murks“ hinterlassen hätten. Seltsam, dass Herr Hardt sich nicht auf die Hinterlassenschaften der Großen Koalition beruft. Die werden offensichtlich ausgeblendet.

Auch im eigenen Lager holpert es zuweilen gewaltig. Zuweilen; kommt sehr selten vor. Das Kundus-Debakel kostete nicht nur den ehemaligen Verteidigunsgminister Franz Josef Jung (CDU) den Kopf, sondern lud auch der schwarz-gelben Regierung gleich zum Start eine „schwere Hypothek“ auf. Nur zur Erinnerung, Herr Jung lebt noch, hingegen die Opfer des Debakels der Bombadierung nicht mehr. Im Artikel ist von einem missratenen Luftschlag die Rede.

Ich muss aufhören, sonst bringt mich mein Blutdruck zur Strecke. Erschreckend, dass meine Realität und die von Herrn Hardt so diametral auseinanderlaufen. Ist es das Alter?

Nachtrag: Hardts Meinung zur Verschuldung der Städte: „Die Städte haben generell über ihre Verhältnisse gelebt.“

Da kann ich auch generalisieren: Politiker reden generell Stuss!

Wer den vollständigen Artikel genießen möchte: „Es muss legitim sein, Gegner gezielt zu töten“ (ST, 05.02.2010 10:26)

Nachtrag: Das Konkurrenzblatt widmet sich ebenfalls unserem Interessenvertreter: Solingen: Solingen, Kundus – und zurück (RP ONLINE, 06.02.2010)

Zur Ehrenrettung der Merkel-Riege führt er ins Feld, dass diese „viele offene Baustellen“ zu bearbeiten hat. Ich würde mich freuen, wenn eine neu gewählte Bundesregierung sich um offene Baustellen kümmern würde. Ist es nicht eher so, dass man gerne neue Baustellen installiert. Man will doch Bauherr sein und nicht Restaurator.

Zukunft der Müngstener Brücke gesichert

die Zukunft Müngstener Brücke: ist sicher!die Zukunft Müngstener Brücke: ist sicher!
Nun ist es amtlich - nein - bundespolitisch. Unser Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU) kann uns beruhigen:
„Die Müngstener Brücke ist ein wichtiges Glied im Schienenverkehr des Bergischen Landes und ein herausragendes Verkehrsbauwerk von überregionaler Bedeutung. Ich freue mich, dass wir uns um unsere Müngstener Brücke keine Sorgen machen müssen.“

Bahn AG und Bundesregierung gaben jetzt Entwarnung und teilten dem Bundes­tags­abge­ord­neten Hardt mit, dass es bezüglich der Nutzung der Brücke keine sicherheitsrelevanten Einschränkungen des Verkehrs gebe und dass alle fahrplanmäßigen Verkehre uneingeschränkt durchgeführt werden können. Um dies auch in Zukunft zu gewähr­leisten, finden die dafür erforderlichen Überprüfungen auf drei Jahre verteilt bauteilbezogen statt, bis Mitte dieses Jahres werden umfangreiche Untersuchungen am Tragwerk der Brücke durch­geführt. Desweiteren führt die Deutsche Bahn AG ständig Instand­haltungsmaßnahmen durch, deren Kosten die Bahn selbst zu tragen hat.

Quelle: Homepage von Jürgen Hardt

Siehe auch: Perfektes Timing

Die Zukunft ist gesichert. Und wie sieht es mit der Sicherheit in der Zukunft aus?
Bemerkenswert die Formulierung, dass alle fahrplanmäßigen Verkehre uneingeschränkt durchgeführt werden können. Wenn es Probleme gibt, dann wird der Fahrplan eben geändert.

Da sind wir aber überrascht

Schwarz-gelb muss Steuern erhöhen: Wirtschaftsweise … (Aufmacher Solinger Tageblatt, 9.10.2009)Schwarz-gelb muss Steuern erhöhen: Wirtschaftsweise … (Aufmacher Solinger Tageblatt, 9.10.2009)

Volksvertreter unter Beobachtung

Volksvertreter: Screen www . abgeordnetenwatch . deVolksvertreter: Screen www . abgeordnetenwatch . de

Die Kandidierenden zur Oberbürgermeisterwahl in Solingen stellen sich auf www.abgeordnetenwatch.de den Fragen des Souveräns.

Noch scheint das Interesse gering zu sein. Vermutlich alle im Urlaub oder mit dem Bauchladen unterwegs:
Otternasen, Wolfszitzenchips und Zaunkönigleber im Angebot?

Inhalt abgleichen