Pünktlich auf die Minute

soll das neue Jahr begonnen haben, so der Aufmacher im Solinger Tageblatt.

ST: Solingen, 2.1.2009ST: Solingen, 2.1.2009

Dies ist wieder einer der Ungenauigkeiten, die sich in letzter Zeit vermehrt in die Berichterstattung der Presse einschleichen. Die letzte Minute im alten Jahr hatte nicht 60 Sekunden, sondern 61 Sekunden. Siehe: Schaltsekunde in der Silvesternacht
Vielleicht hat man auch deshalb die Formulierung auf die Minute und nicht auf die Sekunde gewählt?

Und wenn der ehemalige stellvertretende Chefredakteur des Solinger Tageblattes einen Blick zurück in die Wochenschrift „Verkündiger“ (Herausgeber: Johann Gottfried Carl Siebel, Erstausgabe: 1. Juli 1809, Auflage: 45 Stück), die „Keimzeile“ des Solinger Tageblattes, wirft und behauptet, dass Ende Juli 1809 das Großherzogtum Berg mit Frankreich vereint wurde, so kann ich mich nur noch wundern. Warum?

Als am 15. März 1806 Kurfürst Maximilian IV. Joseph das Herzogtum Berg im Tausch gegen das Fürstentum Ansbach an Napoleon abtratt, hatte man ausdrücklich festgelegt, dass das Herzogtum auf keinen Fall mit Frankreich vereinigt werden durfte. (OK, Verträge kann man ignorieren). Nach Murat verwaltete Napoleon als „Großherzog von Berg“ von Juli 1808 bis März 1809 das Großherzogtum Berg selbst. Trat dieses am 3. März 1809 an Napoleon Louis, den ältesten Sohn des Königs von Holland, ab. Was war nur Ende Juli 1809?

Der Solinger Heimatforscher Otto Bauermann schreibt in seiner 1955 veröffentlichten Zeittafel (diente dem ST-Autor als Quelle) unter 1809:
„31.7. Das Herzogtum Berg ist Großherzogtum geworden und wird mit Frankreich vereinigt.“

Man darf nicht alles glauben! In der Nacht vom 16./17. Juli 1806 wurde die Rheinbundakte unterzeichnet. Von jetzt ab waren die Staaten Murats vom Gebiet des Deutschen Reiches getrennt und durch eine Konföderation mit den übrigen neuerrichteten Staaten vereinigt; der Herzog von Berg und Kleve wurde Großherzog und sollte sich der mit der königlichen Würde verbundenen Rechte, Ehren und Vorrechte erfreuen.

Dass der Autor von „Solingen–Geschichte einer Stadt“ Heinz Rosenthal und nicht Hans heißt, kann im Eifer des Gefechtes der Franzosenzeit passieren.

Trackback URL for this post:

https://blog.tetti.de/de/trackback/259

Kommentare

Vorsätze

Tja, im neuen Jahr etwas "genauer" zu werden, gehörte wohl nicht zu den guten Vorsätzen der Presse.

Warum auch?

Man muss doch nicht jede liebgewordene Tradition über Bord werfen...;-)

Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
CAPTCHA
Diese Frage dient dazu festzustellen, ob Sie ein Mensch sind und um automatisierte SPAM-Beiträge zu verhindern.